Ein Neuer zieht bei uns ein

(Erfahrungsbericht einer Katzenvergesellschaftung)

Unsere Vorgeschichte:

2013 hat mein Mann „meine Prinzessin“ (unsere Lady) im Acker neben seiner Firma als kleines, verängstigtes, zitterndes, miauendes Fellbündel gefunden. Zuerst wollten wir sie nur hegen und pflegen und aufziehen, um sie dann an einen geeigneten Platz zu vermitteln. Sie hat sich jedoch recht schnell in unsere Herzen gestohlen und ist fix bei uns eingezogen.

Aufgrund der Lage unserer Wohnung lebt sie als reine Wohnungskatze auf 103m² mit Katzenklappe auf einen gesicherten Balkon.

Weil sich bei uns langsam aber sicher das Gefühl eingeschlichen hat, dass sie alleine unglücklich sein könnte und vielleicht einen Spielkameraden benötigen würde, haben wir uns nach ca. 1,5 Jahren auf die Suche nach einem zu ihr passenden Spielgefährten gemacht.

Wir haben uns schlussendlich (eigentlich hat sich mein Mann entschieden, ich war nicht ganz glücklich mit der Entscheidung) für einen jungen Kater (ca. 6 Monate) von einem großen Hof entschieden.

Der Neuzugang:

Wir haben uns viel im Internet schlau gemacht und viel über Vergesellschaftungen gelesen und dachte ich, wir seien nun optimal vorbereitet. Es wurde zuhause ein Zimmer umfunktioniert als „Willkommens-Zimmer“ – wir haben einen neuen

Kratzbaum, neue Schlafkissen, neue Futterschüsseln, … gekauft, damit unsere Lady

nicht das Gefühl hat, dass nun jemand in ihr Revier eintaucht und all ihre Sachen beschlagnahmt. Das Zimmer wurde eingerichtet und Lady durfte es ausgiebigst erkunden.

Lucky – so heißt unser Neuzugang – wurde an einem verlängerten Wochenende Ende Oktober abgeholt und gleich in „sein“ Zimmer gesetzt, die Türe geschlossen und ihm Zeit zum Ankommen gegeben. Mein Mann und ich haben in den ersten Tagen abwechselnd sehr viel Zeit bei ihm verbracht, damit er sich an uns gewöhnt und hielten die Tür zur restlichen Wohnung jedoch immer geschlossen.

Für meinen Mann hat die Vergesellschaftung eigentlich keinerlei zusätzlichen Stress bedeutet, er hat dies alles ziemlich gelassen hingenommen. Ich hingegen war ständig unter Strom und völlig gestresst, da ich natürlich auch unsere Lady nicht vernachlässigen wollte, damit sie nicht eifersüchtig wird.

Nach 2 Tagen haben wir die Transportbox in der wir Lucky geholt haben ins Wohnzimmer gestellt, damit Lady sie beschnüffeln konnte und im Austausch ein Handtuch auf dem sie geschlafen hat, bei Lucky ins Zimmer zum Kennenlernen gelegt.

Nach weiteren 2 Tagen haben wir die beiden „getauscht“, damit Lucky den Rest der Wohnung kennenlernen konnte und Lady „sein Reich“ unter die Lupe nehmen konnte – das aber immer nur für ca eine halbe Stunde bis Stunde.

In der Zwischenzeit hatte ich bei meinen Eltern eine Gittertür in Auftrag gegeben, damit wir – zum richtigen Kennenlernen – die Tür zwischen „Lucky’s Zimmer“ und dem Rest der Wohnung öffnen konnten und die beiden sich „aus sicherer Entfernung“ erstmal begutachten konnten.

Das erste Kennenlernen:

Bis zu diesem Zeitpunkt verlief alles „recht harmonisch“ bis auf meine permanente Anspannung ;)

Nun war es endlich soweit und wir öffneten die Tür und bauten die Gittertür ein und warteten gespannt.

Und dann kam es richtig dicke (für mich).

Lucky lugte vorsichtig hinter dem Kratzbaum hervor – ohne einen Laut von sich zu geben – Lady kam ums Eck und schaute in das Zimmer. Als sie Lucky sah, fing sie aus tiefster Kehle zu brummen an.

Ich fiel in mich zusammen und hatte Tränen in den Augen – meine größte Angst hat sich bewahrheitet, …, die beiden kommen nicht miteinander klar, ich muss Lucky wieder weggeben. Mein Kopf sagte mir: „Jetzt mach mal keinen Stress, gib den beiden Zeit“ – mein Herz sagte mir: „Meine arme Prinzessin, sie tut mir so leid, dass kann ich ihr nicht antun“. Herz und Kopf stritten sich eine Weile, bis sich mein Mann einmischte und meinte: „Jetzt tu dir nichts an, das wird schon“.

Ab hier begann erst der „richtige Stress“ für mich.

Morgens aufstehen, Lady begrüßen, knuddeln und füttern. Lucky begrüßen, knuddeln und füttern. Ich bin tagtäglich um 4 Uhr morgens aufgestanden, damit ich 1 Stunde Zeit hatte für beide, bevor ich mit meinem eigenen Morgenritual beginnen konnte.

In der Mittagspause nach Hause gehetzt, dasselbe Ritual – erst Lady und dann Lucky und abends wieder.

Nach 3 Tagen wollte Lucky nicht mehr in seinem „Gitterzimmer“ bleiben und begann an der Gittertür hochzuklettern. Lady brummte ihn nach wie vor aus tiefster Kehle an, wenn sie ihn

irgendwo erblickte.

Wir entschlossen uns kurzerhand die Wohnung mit der Gittertür zu teilen, damit Lucky mehr Platz hatte, was natürlich für eine zusätzliche „Belastung“ meiner doch schon sehr angeschlagenen Seele sorgte, denn somit konnte meine Prinzessin nachts nicht mehr bei mir schlafen :(.

Nach einer gefühlten Ewigkeit (ca. 1,5 Wochen) meinte mein Mann, dass wir nun eine erste Zusammenführung versuchen sollten, da er ja dann bald für 4 Tage auf Geschäftsreise gehen müsste.

Ich sterbe:

Ich ließ mich von ihm überreden und dann ging es los – die Gittertür wurde entfernt, es gab ein kurzes „Was ist jetzt- Gesicht“ von beiden und ehe ich mich versah, jagte Lucky meine Prinzessin quer durch die ganze Wohnung und sie fauchte und brummte und saß am Ende zitternd am Balkon.

Für mich war dies das Ende und ich saß heulend auf der Couch – meine arme Prinzessin, was macht dieser Rowdy mit meiner Süßen, ich halte das nicht aus, der Kater muss weg.

Wir trennten sie wieder.

Ich telefonierte zahlreiche Male mit Barbara, die auf mich mit Engelszungen einredete und mir seelisch beistand und mir erklärte, dass ich für meine Lady stark sein musste und ihr zeigen musste, dass wir es gemeinsam schaffen uns gegen den Neuzugang zu behaupten.

Die weiteren Zusammenführungen machte mein Mann alleine, denn ich verkraftete es einfach nicht, meine Prinzessin „leiden zu sehen“.

Damit es für mich und für sie leichter wird, habe ich einen Termin bei meiner Bachblüten-Therapeutin ausgemacht und wurden Mischungen für mich, Lady und Lucky vorbereitet, die wir 3 ab sofort eingenommen haben.

Für meine Lady war es die Hölle: 1,5 Jahre lang war sie unser ein und alles und hatte ein ganzes Reich für sich alleine und konnte tun und lassen was sie wollte. Plötzlich brachte „ihre Familie“ einen neuen Riesen mit nach Hause, der ihr Reich, ihr Futter, ihre Familie beanspruchte und Chef sein wollte in dem Rudel. Aufgrund der Bachblüten und mit viel, viel Geduld und gemeinsamer Arbeit hatten wir es bis Dezember so einigermaßen im Griff und haben sich die beiden akzeptiert, obwohl sie noch längst keine Freunde geworden waren.

Natürlich war es schwer, Lucky hat einen sehr einnehmenden, neugierigen Charakter und ist sehr fordernd (egal ob beim Futter, beim Spielen, beim Kuscheln, …) und unsere Lady ist der ruhige, eher ängstliche und distanzierte Charakter, der neben Lucky leicht „übersehen“ wird. So mussten mein Mann und ich penibel darauf Acht geben, dass wir nicht Lucky bevorzugten, sondern eher Lady, um ihr das Gefühl zu geben nach wie vor unsere „Nummer 1“ zu sein und sie damit zu stärken.

Das Happy End:

Mittlerweile verstehen sich die beiden gut miteinander, ergänzen sich sehr gut, Lucky hat sehr viel von Lady gelernt und Lady hat sich von Lucky ein wenig Mut abgeschaut.

Die beiden können nebeneinander liegen, jagen gemeinsam am Balkon und spielen miteinander. Ab und an müssen wir zwar noch schlichtend eingreifen – wenn Lucky seine „schwindligen 5 Minuten“ hat – aber im Großen und Ganzen läuft die Geschichte sehr harmonisch ab.